Volkswagen-Konzern forciert Elektroauto-Offensive
Megastückzahlen, komplette Modellpläne und unerwartete Kampfpreise. Wenn die Wolfsburger im nächsten Jahr sukzessive Ernst machen, könnten Tesla und Co. bald alt aussehen. Die Pläne für die künftige Elektroauto-Generation des Konzerns sind gewaltig. Wie eine Tsunami-Welle könnte die ID.-Modellfamilie, die auf dem neuen Modularen Elektroantriebs-Baukasten (MEB) basiert, ab 2020 die E-Konkurrenz überrollen.
Denn dieser flexible Basis-Baukasten, der auf clever standardisierten Grundteilen (Batterie im Unterboden, Radstand und Achsen variabel) unterschiedlichste Autokarossen aller Konzernmarken tragen kann — im VW-Deutsch »Hüte« — erlaubt gewaltige Stückzahlen. „Mit dem MEB schöpfen wir die Möglichkeiten des E-Autos kompromisslos aus und bekommen riesige Skaleneffekte«, erklärt E-Mobilitäts-Vorstand Thomas Ulbrich. Allein in der ersten Welle bis 2026 sollen rund 10 Millionen Konzernfahrzeuge auf dieser E-Plattform basieren, bereits 2020, also im ersten Verkaufsjahr, wollen die Wolfsburger rund 150 000 Elektroautos absetzen. Spätestens Frühjahr 2022 sollen im komplett umgebauten sächsischen VW-Werk Zwickau 1500 Elektroautos von den Bändern rollen. Pro Tag.
Weltweit krempelt VW nun 16 Standorte auf Elektromobilität um. Ulbrich: »Bis Ende 2022 starten wir weltweit die Produktion von 27 MEB-Fahrzeugen für vier Konzernmarken.“ Der neue Werbeslogan lautet »Elektroautos für alle« («Electric for all«), denn VW plant nach eigener Aussage »wie früher beim Käfer volksnahe, bezahlbare Preise«. Ulbrich mit einem Seitenhieb auf Tesla: »Wir wollen Autos für Millionen bauen und nicht für Millionäre«. Tatsächlich ist der Einstiegspreis fürs erste ID.-Modell, Arbeitsname Neo, das im April 2020 als geräumige, rund 125 kW starke, bis zu 160 km/h schnelle und voll vernetzte Kompaktlimousine im knappen Golf-Format (4,26 m) erscheint, eine Sensation. »Das Auto startet unter 25.000 Euro«, ist zu hören. Die Konkurrenz verlangt in dieser Klasse für Ähnliches fünf- bis zehntausend Euro mehr.
Die verschiedenen Batteriegrößen mit Kapazitäten zwischen erst einmal 50 und 90 kWh, erlauben Reichweiten zwischen 330 und über 550 km (WLTP-Norm). Und während die Batteriezellen zuerst von den koreanischen Großkonzernen Samsung und LG Chem kommen, könnte VW nach internen Planspielen nach 1925 sogar eine eigene Zellproduktion aufbauen. Dann aber gleich mit der viel versprechenden Festkörper-Technologie (Schnellade-Akkus mit bis zu 1000 km Reichweite). Forschungspartner ist das US-Startup QuantumScape.
Nur ein halbes Jahr nach dem Kompakt-ID. folgt Ende 2020 mit dem ID. CROZZ das erste SUV-Modell — mit 4,64 Metern rund 14 cm länger als ein VW Tiguan. Noch geheim: Neben dem CROZZ plant VW auch eine Coupé-Version vom CROZZ und siebensitziges Bic Mac-SUV speziell für den amerikanischen Markt. Flaggschiff der ID.-Reihe wird 2022 der Edel-Stromer ID. VIZZION, eine über über 200 kW starke Luxuslimousine mit bis zu 800 km Reichweite. Und noch im gleichen Jahr startet mit dem Minibus ID. BUZZ der elektrische Nachfolger des legendären VW Bulli.
Auch Skoda und Seat sind ab Herbst 2020 mit ersten vollelektrischen Modellen dabei. Skoda zum Beispiel startet ein schickes Coupé-SUV frei nach der Studie Vision E — mit bis zu 500 Kilometer Reichweite und sogar als extrem sportliches RS-Modell. Der Einstiegspreis soll dem eines gut ausgestatteten Kodiaq Diesel entsprechen, gebaut wird das Auto nach dem aktuellen Stand der Dinge im Skoda-Stammwerk Mlada Boleslav.
Sogar beim Kleinwagen-Trio von VW, Skoda und Seat, wir reden von den ziemlich smarten und fast baugleichen Stadtminis Up, Citigo und Mii, gibt es erfreuliche News. Denn die Reichweite der 60 kW starken Elektroversion des VW Up soll von 160 auf rund 250 Kilometer nach WLTP-Norm erhöht und der Stromer dann zu einem günstigen Einstiegspreis — deutlich unter 20.000 Euro — angeboten werden. Weltpremiere ist im nächsten Jahr auf der Frankfurter IAA, Verkauf noch vor dem Jahresende. Und mit genau dieser E-Technik starten fast zeitgleich der kleine Skoda Citigo und der Seat Mii, die es bisher nur mit Verbrennungsmotoren gab.